Samstag mit: Was bleibt, wenn ein Arbeiter stirbt?

Am Samstagmorgen gehört die Stadt noch den Krähen.

Laut krächzend spähen sie auf die Bergstraße, bereit sich zwischen Scherben die Reste herauszuholen.

Die Straße in Katerstimmung.

Getränkelieferanten, ABk, Krähen. Ich gehe zur Schicht. Eine Zusatzschicht.

Morgenlektüre:

Bräunigs Roman Rummelplatz erzählt vom Leben in der Wismut, Goldgräberfieber, eigene Gesetze, eigene Regeln. Ich denke Jack London und Bräunig in einem Gedankenzug.

Nachmittag:

Er war ein komplizierter Mensch, sagt meine Mutter am Telefon. Warum?

Er hat nie mit mir gesprochen, nur mit deinem Vater.

Er hatte das Zeug zum Nobelpreisträger sagt Neutsch.

Und Ulbricht meint: es ginge weder um Literatur noch Philosophie, sondern um den Kampf zweier Systeme gegeneinander. Und verbietet den Roman.

Sie hatten so eine Angst, sagt meine Mutter, dass sie mit dem Verbot der klügsten Köpfe dem Land mehr geschadet haben, als das Buch zum Beispiel jemals hätte schaden können.

Ich wechsele in den Höhlenbereich der Wohnung über, die Müdigkeit fordert Schlaf. Als ich erwache, sind die Krähen bereits nach Hause auf ihren Schlafbaum eingekehrt und ich, ich kehre zur Wismut zurück.

Der 101. Tag.

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