Sarah Kirsch-eine deutsche Lyrikerin-das war mir bekannt. Unbekannt war mir die von ihr geschriebene Prosa. Ich bin neugierig, ich lese „Aenglisch.“
„Ænglisch“ sind Tagebuchaufzeichnungen einer Reise nach Cornwall und Devon, die Sarah Kirsch im Alter von 65 Jahren unternimmt. „Augustus“ 2000 geht sie mit ihrem Sohn an Bord.
Eigenwillig schreibt Sarah Kirsch , mit feiner Beobachtung, freiem Geist und junger Seele, sich jeglichen Konventionen entziehend. Mit Harry Potter als Reiselektüre begibt sich sich „on Tour“ auf englischem Boden.
Haus-Möwen die den Wecker ersetzen, Hitchcock-Möwen die das Essen stehlen, dazu anthrazitfarbenes Meer und Luft die nach Atlantik und Ärmelkanal riecht.Ihr Berliner Slang untermalt das Gesehene. Mit gekonnten Sprachspielereien verwandelt sie alltägliche Sequenzen zu Literatur.
„Ein launisches Atlantik-Kanalwetter, bei dem man nit weeß, was es allet im Köcher oder uff de Pfanne hat. Ne kleene Regenhaut muß man schon haben. Für alle Felle.“
Sarah Kirsch schreibt täglich Tagebuch, notiert scheinbar nichtige Dinge:
“ In der Sonne gesessen und am Strand nach Muscheln gesucht. Dann hier im Zimmer Tee gekocht und ne Pastete gegessen, darnach Haare gewaschen, das Haus um die Zeit hatte ein Bad frei.“
Nachrichtensplitter, Naturbeobachtungen, Alltagserledigungen, kaum etwas erscheint zu unbedeutend um nicht Eingang in ihre Tagebuchaufzeichnungen zu finden.
Sie überarbeitet ihre Notizen zehn Jahre später.
Ehrlich, unverfälscht, unangepasst.
Dieses Reisetagebuch wird von Moritz Kirsch 2012 in die endgültige Form gebracht.
Auch die Fotos sind von ihrem Sohn. Es ist ein liebevoll gestaltetes Büchlein, bei dem bereits das Cover mit dem ungewöhnlichen AE im Titel neugierig macht.
Zur Autorin: Sarah Kirsch, 1935 in Limlingerode/Harz geboren, wird 1977 aus der DDR ausgebürgert. Sie lebt seit 1981 als Schriftstellerin und Malerin in Tielenhemme/ Schleswig -Holstein und stirbt im Mai 2013.
Das Buch erschien am 30.März 2015 bei DVA.
Ich bedanke mich bei der Random House Verlagsgruppe für das Rezensionsexemplar.
Danke für diese schöne Würdigung! Ich schätze Sarah Kirsch ebenfalls sehr. Habe seinerzeit ihre bereits nachgelassenen Aufzeichnungen „Juninovember“ gelesen: https://wolfgangschiffer.wordpress.com/2014/02/27/juninovember/